1. Ökologischer Kollaps: Die Osterinsel

Als Vorläufermodell der globalen Katastrophe im Kleinen kann das Beispiel der Osterinsel dienen. Die Darstellung basiert auf Jared Diamonds Buch „Kollaps – Warum Gesellschaften überleben oder untergehen“.

Die Gesellschaft der Osterinsel war nach ihrer Gründung bis zur Wiederentdeckung 1722 immer isoliert, und ihre Entwicklung wurde weder durch Feinde oder Freunde von außen beeinflusst noch durch gravierende Klimaveränderungen. Sie hat 171 Quadratkilometer Fläche, ist bis zu 500 Meter hoch und liegt im Pazifik, rund 3700 km von Chile entfernt und rund 2100 km von den westlichen Pitcairn-Inseln. Die Osterinsel ist einer der entlegendsten Orte der Erde.

Die Ausbrüche der drei Vulkane der Osterinsel haben vor langer Zeit mit großen Lavamengen für fruchtbaren Boden gesorgt. Die Osterinsel war ursprünglich ein Paradies und beherbergte einen subtropischen artenreichen Wald aus hohen Bäumen und dichtem Gebüsch. Dort wuchs eine Palmenart, die vielfältig genutzt werden konnte. Ihr Stamm erreichte einen Durchmesser von bis zu zwei Meter.

Die Osterinsel wurde etwa um 900 n. Chr. von Polynesiern besiedelt und hatte eine Höchstbesiedelung von 6000 bis 15.000 Menschen. Die Abholzung der wertvollen Wälder begann schon früh, erreichte um 1400 ihren Höhepunkt und war zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert abgeschlossen. Als 1722 die ersten Europäer kamen, gab es auf der Osterinsel nur noch sehr wenige Bäume, die alle höchstens drei Meter hoch waren.

„Ahu Tongariki“ von Rivi - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.
Ahu Tongariki“ von RiviEigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

Die Osterinsel ist vor allem wegen ihrer 887 behauenen Steinstatuen berühmt, die jeweils einen stilisierten männlichen Körper mit langen Ohren und ohne Beine darstellen. Sie sind meist vier Meter hoch und 10 Tonnen schwer. Der Aufwand zur Errichtung der Statuen war enorm hoch und erforderte viele  Palmen zu ihrem Transport und Aufbau. Um 1620 wurden die letzten Statuen errichtet. In einem Steinbruch fand man noch größere, unvollendete Statuen, darunter eine von 21 Metern Höhe und einem Gewicht von 270 Tonnen. Mit der Herstellung der größten Statue wurde also kurz vor dem Ende dieser Gesellschaft begonnen.

Die verschiedenen Häuptlinge und ihre Sippen versuchten sich im Bau von Plattformen und Statuen zu übertreffen; die Größenzunahme der Statuen zeugt von erbitterter Konkurrenz. Nachdem die Gesellschaft der Osterinsel im Hinblick auf Bevölkerungszahl, Bau von Denkmälern und Eingriffen in die Umwelt ihren Höhepunkt erreicht hatte, folgte sehr schnell der ökologische und soziale Zusammenbruch. Ab 1680 gingen die konkurrierenden Sippen dazu über, die Statuen der anderen umzuwerfen: Sie wurden nach vorn gekippt, damit sie auf den Steinplatten zerbrachen. 1868 stand einem Bericht zufolge keine einzige mehr. Erst im 20. Jahrhundert wurden Statuen wieder aufgerichtet.

Die anfangs reichlichen Nahrungsquellen gingen im Lauf der Zeit zurück. Delphine und Fische aus dem offenen Meer wurden überjagt und die Vogelarten dezimiert, deren Lebensraum durch das Abholzen des Waldes schwand. Der ehemals fruchtbare Boden wurde ins Meer geschwemmt. Heute ist die Osterinsel weitgehend baumlos und eine karge, wüstenähnliche Landschaft.

Jared Diamond stellt die logischen Fragen: „Wie kommt es, dass eine Gesellschaft die Gefahren nicht sieht, die uns im Rückblick so auf der Hand zu liegen scheinen?“ – „Wie um alles in der Welt konnte eine Gesellschaft die so offenkundig katastrophale Entscheidung treffen, alle Bäume zu fällen, auf die sie angewiesen war?“

Aus Zeitgründen verzichte ich auf den Beitrag über die Wikinger, die um 980 Grönland besiedelten und sich dort 450 Jahre am entlegensten Außenposten der europäischen Gesellschaft hielten. Sie scheiterten an selbstverschuldeter Umweltzerstörungen, fehlender Lernfähigkeit und dem Einsetzen der Kleinen Eiszeit.

Zurück zu uns in das 21. Jahrhundert: Woher weiß nun ausgerechnet der Homo i. so genau, dass seine Innovationen klüger sind als die der Osterinsel-Bewohner? Und was werden seine Nachkommen über ihn denken? Es besteht heute wahrlich kein Grund, sich über die Menschen der Osterinsel zu mokieren. Der Homo i. plündert die Erde noch gnadenloser aus. Der Fischbestand in den Meeren hat sich seit 1970 halbiert. Die meisten Ressourcen und Rohstoffe werden knapp. Die in Jahrmillionen gebildeten fossilen Ressourcen heizen durch ihre Verbrennung das Klima irreversibel auf. Die Folgen von Kriegen und der Überbevölkerung werden immer dramatischer.

Dazu hat das System des Homo i. ähnliche Götzen und Fetische wie die Statuen der Osterinsel: Automobile und Flugzeuge, Hochhäuser und Kraftwerke, Computer und Smartphones …

Letztlich hat die politische und geistige Führung auf der Osterinsel genauso versagt wie unsere jetzige im Zeitalter des Homo i.. Aber wir wissen sehr genau, wie und wie stark wir die Umwelt ruinieren. Und der Homo i. kennt sehr genau sowohl die ökologischen Konsequenzen als auch die Folgen der Klimaerwärmung: Er ist ja erkennbar ihr Verursacher.

Foto oben: „Pano Rano Kao Hanga Roa“. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.